Dienstag, 18. Oktober 2016

Jodhpur - und wie fahre ich in Indien eigentlich Zug?



Nach dem Ruhe und Entspannung am schönen Pool freuten wir uns auf die nächste Erfahrung: Nachtzug fahren durch Indien. Plan war es, 20 Uhr schön entspannt in den Zug zu steigen und am nächsten Morgen 8 Uhr in Jodhpur wieder aus zu steigen. Nun...den Plan hatten wir aber ohne die indische Bahn gemacht!

Bei gefühlt 50 Grad (in echt waren es 'nur' 34...) warteten wir geschlagene 3 Stunden auf den Zug - welcher immer weiter nach hinten verlegt wurde. Währenddessen ließen wir uns von allen Menschen anstarren, wie wir auf dem Boden saßen (3 Reihen Männer waren der Rekord. Da wird selbst Wasserflasche ansetzen zum Spektakel!), spielten eine Runde mit einer Familie Ball mit einem Plastikdeckel und rannten die äußerst steilen Treppen zum Klo hoch und wieder runter. Außerdem bin ich jetzt im Besitz eines äußerst schmucken Schweißhandtuchs - Indian style!

Einmal im Zug war die Klimaanlage auf gefühlt -10 Grad gestellt und wir schliefen dick eingekuschelt ein. Danke hier an die Firma Craghoppers für die tollen Anti-Mücken Inlet-Schlafsäcke im schönen türkis! Und die mega Kleider...doch dazu im nächsten Post mehr.

Zugvero.
Bahnhofsvero. 


Exkurs: wie fahre ich in Indien Bahn?

1AC, SL, CC, WL, RAC - what? Als wir uns das erste Mal auf die Seite der indischen Bahn trauten, waren wir komplett verwirrt - wie sollte man das denn bitte durchschauen? Zunächst: die indischen Züge sind immer recht schnell ausgebucht - wovon wir ziemlich verblüfft waren. Aber wenn man bedenkt, dass der Zug das Hauptverkehrsmittel ist und jeden Tag 23 Millionen (!!!) transportiert, ist das Ganze gar nicht mehr so erstaunlich. Wir mussten also bereits aus Deutschland Tickets buchen - was wir dann auch gleich mal auf www.irctc.co.in versuchten. Doch um diese Seite zu nutzen, muss man sich zunächst anmelden - was als Ausländer ohne indische Handynummer nicht ganz so einfach ist, denn in Indien funktioniert alles über das freischalten über indische Handynummern. So meldeten wir uns also erstmal nur an und sendeten dann eine E-Mail mit einer Reisepasskopie an den Customer Service. Dieser validierte dann recht fix (innerhalb von 2 Tagen) unsere Anmeldung und wir konnten loslegen. Erst seit Mai 2016 kann man auf der indischen Bahn-Seite auch mit einer internationalen Kreditkarte zahlen, und selbst das funktionierte bei den vielen Buchungen nur schleppend: so rief mich 2 mal eine nette Dame aus Mumbai an, die sicher gehen wollte, dass ich wirklich Tickets kaufe und kein Bot bin.

Das Ticketkaufen an sich gestaltete sich ob der verschiedenen Abkürzungen dann schwierig: alle Bahnhöfe in Indien haben dreistellige Codes, die im IRCTC System genutzt werden. Hat man diese raus gefunden, bekommt man meist eine Liste von Zügen, die potentiell genutzt werden können und dahinter weitere Abkürzungen: 1A, 2A, 3A, SL. Dies sind die verschiedenen Klassen - von 1.Klasse AC Schlafwagen mit 2 einzelnen Betten und sehr fancy und sehr teuer, über 2A mit 4 Betten und Klima und schon weniger fancy, bis hin zu 3AC. Diese Klasse nutzten wir immer: ein großer Wagen mit insgesamt 64 Betten in drei Ebenen und Klimaanlage. Die Wagen sind gemischt, da aber eigentlich immer auch Frauen mitfahren und es so viele sind, war das alles ganz entspannt. Tagsüber sind die mittleren Betten umgeklappt, so dass man sitzen kann. Sleeper Class ist dann der Schlafwagen aus den Indienfilmen: mit Ventilator, mega vollgestopft und eher so eine Erfahrung für sich. Die Toiletten sind allerdings überall nicht sehr empfehlenswert...

Hat man sich dann mal für einen Zug und eine Klasse entschieden, muss man noch Glück haben, auch einen Platz zu erhalten. Die Anzeigen geben dann so nette Kürzel wie GNWL70/WL95 wieder oder REGRET oder RAC... Diese Kürzel bedeuten, dass man auf einer Warteliste landet - und die Zahl dahinter auf welchem Platz. Mit etwas Glück springen vorher Menschen ab und man bekommt noch eine Liege. Auf dieses Glück wollten wir uns aber nicht verlassen, und buchten nur, wenn die Anzeige auf AVAILABLE stand.


Gegen 10 Uhr waren wir dann auch in Jodhpur angekommen und fuhren mit der Rikscha ins wunderhübsche Juna Mahal Homestay. Mitten in der Altstadt gelegen und so, so hübsch! 
Auf der mega Dachterrasse mit Blick auf Fort und die blaue Stadt planten wir die nächsten zwei Tage - denn leider waren uns aufgrund der ausgebuchten Züge nur diese zwei vergönnt - und genossen den Wahnsinns-Blick.

Hausfassadenliebe in Jodhpur.

Lost in Jodhpur.

Grumpy Puschelverkäufer.

Tempelgartenliebe.

Bling Bling!

Clocktower-Café. So, so, so schön!

Eine Sache war in Rajasthan auch nicht besser als in Uttar Pradesh: die Hitze. Diese war sogar noch mal einen Tick fieser und erreichte fast die 40 Grad Marke. Und so spazierten wir dann einfach mal los, die Kamera immer im Anschlag. Es folgten nette Begegnungen mit hübschen Inderinnen in Tempeln, der Kauf eines Fußkettchens, viele Blicke auf blaue Häuser und letztendlich ein Chai im Clocktower Café. Dort ließen wir uns ermattet nieder und kamen ziemlich schnell ins Gespräch mit drei Jungs aus Amerika/Frankreich. Diese luden uns gleich mal mit ein, doch mit Ihnen nach Mandore zu fahren, dort wären ein hübscher See und ein paar Tempelanlagen. Da weder Vero noch ich bei solch einer Einladung unmöglich nein sagen konnten, setzten wir uns in die Rikscha und ab ging die wilde Fahrt.

Mandore war dann wirklich sehr cool - mit Affen, kaum Menschen und eingebildeten Ziegen. Nur den See konnten wir aufgrund unseres Backpacker-Aussehens nicht besichtigen, denn hier hatten wir im Luxushotel um Einlass bitten müssen, der uns nicht gewährt wurde.

Affis mal falschrum.
Mandore Idylle.
Ziegenmodels.
Sunsetmood.
Trauriges Hundi. 
Mit einem Bier und langen Gesprächen klang der Abend dann auf der mindest ebenso fabulösen Dachterrasse des Hostels der Jungs aus. Man kann solche Spontanbegegnungen nur lieben! Auf dem Rückweg gerieten wir dann noch in eine laute Hindu-Musik-Straßenparty und dancten eine Runde ab. What a day! :)

Hoch hinaus aufs Fort ging es dann am nächsten Tag. Nach einem weiteren Kaffee im Clocktower Café (wirklich nur zu empfehlen!) zur Stärkung brachte uns der Sohn der Besitzerin bis an den Fuß des Forts und erzählte uns noch ein bisschen über Jodhpur und sein Leben. Bei wiederum 40 Grad schleppten wir uns den Berg zum Fort hoch und erkundeten das selbige. Außerdem wollten wir DIE Attraktion noch mitnehmen: ziplining über den Dächern von Jodhpur mit Flying Fox. Aufgrund der Hitze waren wir zunächst nur zu zweit und sausten die erste Zipline hinab. Nachdem wir alle 6 Ziplines durchgerauscht hatten, standen wir grinsend da und wir können es beide wärmstens empfehlen!

Whoooosh!
Hier wurde auch Batman Begins gedreht...super Fort!
Zipline-girls.
Wundervolle Blicke.
Turbanmänner. Love!
Die blaue Stadt.
Gurr.
Skeptischer Blick.

Freundlicherweise konnten wir uns dann im Hotel noch etwas frisch machen und unsere weitere Reise beim wunderhübschen Sonnenuntergang planen, bevor wir uns wieder zum Bahnhof begaben mussten und mal wieder im Nachtzug durch Indien düsen. Dieser kam aber zur Abwechslung pünktlich und wir kamen nur ein bisschen durchgeschüttelt in Delhi an und konnten direkt zum Flughafen weiterdüsen...

Sunsettime again.
Hüpf, Affi, hüpf!

Montag, 17. Oktober 2016

Indien - unverhofft kommt oft


Eigentlich wollte ich im September mit meiner Freundin Vero, mit der ich in den letzten Monaten durch dick und dünn gegangen und die mir immer mehr ans Herz gewachsen war, einen Roadtrip nach Frankreich und Spanien machen. Ein Zelt, Surfboards, gute Musik und Wind in den Haaren. Eine vorerst letzte gemeinsame Zeit zu Zweit, bevor Vero ihren Traum wahr macht und in Indien ihre Yogalehrerausbildung startet und dann um die Welt zieht.

Nach einem Abend voller Überlegungen und einigen neuen Informationen reifte jedoch ein neuer Plan: ich fliege einfach mit nach Indien! Der Flug war dann schnell gebucht - 450€ Return und Direktflug von Frankfurt nach Delhi zu guten Flugzeiten - ein mega Schnäppchen.

Nach einer Woche voller Abschiede, packen und umziehen für Vero und viel Arbeit saßen wir dann mit Rucksack, ein paar Tränen in den Augen und doch voller Vorfreude im Flugzeug gen Delhi.

Reisen zu zweit, yay! :)

Unsere 'normalen' Reisegewohnheiten wurden schon im Vornherein auf die Probe gestellt; statt wie gewohnt nur die Unterkunft für die erste Nacht zu buchen und dann vor Ort zu schauen, wie es einem gefällt, und wie man von Destination zu Destination kommt, ließ sich in Indien nicht so umsetzen. Zumindest nicht, wenn man so wie wir vorhatte, auch mal Nachtzug zu fahren. Aber dazu im nächsten Blogpost mehr.

Direkt vom Flughafen, der erstaunlich ruhig und wenig bevölkert war, fuhren wir mit dem Meru Taxi bis zum Bahnhof Delhi DEE, um unseren Zug nach Agra zu bekommen. Schon am Flughafen waren wir erstaunt ob der relativen Ruhe und vor allem der Absenz von nervigen Taxifahrern, die uns ködern wollten. Auch am Bahnhof war es recht sauber und leer. Nur eins konnten wir gleich bestätigen: Warm! Warm! Warm! Und: alle, aber wirklich aaallleee, starrten uns an.

Zugvero
Sogar mit Namen ausgeschrieben wird man im indischen Zug!


Die erste Zugfahrt war sehr entspannt - in unserem vorher reservierten Waggon mit Klimaanlage ließen wir uns zunächst ganz unten nieder und legten uns dann eine Weile ganz hoch zum schlafen. In Agra gönnten wir uns dann das wohl luxuriöseste Hotel der Reise und wurden daher auch mit dem Taxi abgeholt.

Agra
Was kann man zu dieser Stadt, ungefähr 3 Stunden südlich von Neu-Delhi gelegen, wohl sagen...wahrscheinlich nur: what the fuck? Warum ist es so dreckig, stinkig und unglaublich wenig gepflegt? Der erste Indien-Schock erwartete uns in der Rikscha, denn wir sahen nur Müll und dreckige Straßen. Das Grand Imperial Hotel war aber ganz schick - und das Beste: es hat einen Pool! Doch wir wollten ja auch ein bisschen was sehen und engagierten Ali als Rikschafahrer, der uns zum Fort von Agra bringen sollte.

Neue Frisur gefällig?
Agra Straßenimpressionen
Hello Ali!
Kleine Kinder werden geschminkt. Sehr, sehr stark!

Im Agra-Fort selbst war es dann ganz ok und nicht mehr ganz so schmutzig - aber das spannendste hier war wohl der Blick auf das Taj Mahal aus der Ferne. Zudem wurden wir erste Opfer von mehr oder weniger heimlichen Fotos und erfragten Selfies. Da steht halt auch mal ganz dreist ein Mensch mitten vor dir und fotografiert einem ins Gesicht. Aber so hatten wir auch keine Skrupel mehr, Menschen einfach so zu fotografieren, ha!

Agra Fort.
Einige Inder. 
Agra Fort von innen.
Birkenstock Gizeh Werbung? 
Turbanmänner. Ganz, ganz große Liebe!
Baby Taj!
Namaste. 

Bestes Indien-Symboldbild der Welt!


Ein wirklich schöner Punkt an diesem Tag war der zweite Punkt auf der Liste: das Baby Taj - kaum Touristen und süße Architektur. Diese weißen Marmorfliesen und der Blick über den Fluss - der Wahnsinn!

Taj Mahal
Wenn schon Indien, dann auch Taj Mahal - also standen wir früh um 10 vor 6 in der Schlange zum Einlass an. Der dichte Smog über Agra machte leider einen Anblick im glänzenden Sonnenaufgang eher unwahrscheinlich, wir hofften jedoch auch ein bisschen auf weniger Menschenmassen. Nachdem wir die 1.000 Rupien (die in den letzten Jahren überdurchschnittlich schnell stiegen: von 500 auf 750 auf jetzt 1.000, was knapp 13 Euro entspricht, in Indien eine Menge Asche) für Ausländer gezahlt hatten, stellten wir uns in die schön nach Weibchen und Männchen getrennte Schlange.

Und dann ging es los: die Fotoarie! Von allen Seiten klickten wir uns durch die Gegend. Leider ist auch das Gelände in einem sehr verbesserungswürdigen Zustand - die Wasserbecken nicht geputzt, die Bäume ungeschnitten und Blumen waren gerade aus. Sehr, sehr schade.
Ein bisschen Iran-Feeling.

Reflections.
Mit dem Eli-Tuch von der Oma <3
Fluss.
Taj Mahal mal anders.
Viele bunte Saris. 
Selfie-Taj. Nur echt mit Schweißtropfen. 

Nach 2 Stunden ließen wir das Taj Mahal hinter uns und unser Fahrer Ali brachte uns wieder ins Hotel. Auf der Suche nach Fußkettchen ließen wir uns dann nochmal durch die Stadt fahren und lunchten im wirklich hübschen Green Park Restaurant. Den Nachmittag ließen wir uns im Hotelpool treiben und genossen das Flashpackerleben, bevor das reale Indien wieder auf uns einprasselte...


Pool-Girls!
Affen gabs beim Abendessen auch.